12. Mai 2023 | Marktberichte

Aktuelle Marktübersicht

Anlagepolitik vom 09.05.2023
Aktuelle Marktübersicht
Marktumfeld

Die Turbulenzen im Finanzsektor haben sich bisher wie vermutet als isoliertes Ereignis, bezogen auf die US-Regionalbanken, herausgestellt. Der negative Einfluss auf die Finanzmärkte ist allerdings trotz der zwischenzeitlichen Erholung nach wie vor spürbar. Vor allem haben sich die Kreditbedingungen verschärft und damit den wachstumshemmenden Effekt höherer Zinsen auf die Wirtschaft verstärkt. Weil gleichzeitig die Teuerung nur langsam sinkt, wird der Balanceakt der Notenbanken zwischen Inflationsbekämpfung und steigender Rezessionsgefahr erschwert. Nach wie vor geht eine Mehrheit der Marktteilnehmer im Fall der USA von einer ersten Zinssenkung in der zweiten Jahreshälfte aus. Eine Meinung, welche wir nicht teilen. Einerseits wird ein solcher Schritt von den US-Zinshütern bisher mit keinem Wort erwähnt. Andererseits müsste dazu die Inflation deutlich sinken. Aller Voraussicht nach wird der Fokus der Zinshüter weiterhin auf der Preisstabilität liegen.

Erste Stimmungsindikatoren zeigen mittlerweile eine nachlassende Wachstumsdynamik der US-Wirtschaft. Private und Unternehmen hinterfragen aufgrund der steigenden Finanzierungskosten und der trüberen Konjunkturaussichten geplante Ausgaben und Investitionen. Nicht so recht in das Bild einer Abkühlung der US-Konjunktur in den kommenden Quartalen will der nach wie vor äusserst robuste Arbeitsmarkt passen. Allerdings handelt es sich um einen nachlaufenden Indikator. Eine vorsichtigere Haltung der Unternehmen sorgt in einer ersten Phase für weniger Personalanstellungen und führt später zu einem Abbau der Arbeitskräfte. Im Immobilienbereich hat der Zinsanstieg bereits seine Spuren hinterlassen und zu einer verminderten Nachfrage geführt. Höhere Hypothekar- und Baukosten machen Wohneigentum für immer weniger Personen erschwinglich. Leicht besser sieht es wachstumstechnisch momentan für Europa aus, wo die in den Hintergrund getretenen Versorgungsrisiken für eine deutliche Beruhigung der Wirtschaftslage gesorgt haben. Zudem ist die starke Ausrichtung des Exports auf China momentan ein Vorteil, weil die zweitgrösste Volkswirtschaft nach fast drei Jahren ihre Corona-Abschottungspolitik Ende 2022 beendet hat.
 

 
Obligationenmärkte

Wenn man nur die Wertveränderung der Obligationenmärkte betrachtet, lässt sich nicht erahnen, wie volatil die Entwicklung bis anhin verlief. Im reinen Vormonatsvergleich haben sich die Kurse wenig bewegt, aber die täglichen Schwankungen sind ungewohnt stark ausgefallen. Das hat vor allem mit der nervösen Zinsentwicklung zu tun. Die Signale bezüglich Inflation, Konjunktur und Geldpolitik sind teilweise widersprüchlich ausgefallen und haben nach einer stetigen Neueinschätzung der Zinsmärkte durch die Anleger verlangt. Unabhängig davon gehen wir weiterhin davon aus, dass der Preisdruck auf die Anleihen sukzessive nachlässt. Die Zinsen scheinen mittlerweile ihren Höhepunkt erreicht zu haben. Dafür sprechen die nachlassende Inflation, die abnehmende Wachstumsdynamik der Wirtschaft sowie das nahende Ende der geldpolitischen Straffung.

Die US-Notenbank Fed hat erwartungsgemäss einen weiteren Zinsschritt von 0,25% vorgenommen. Das Gremium hat sich damit nicht von der einheimischen Bankenkrise beirren lassen. Der Fokus liegt weiterhin auf der Bekämpfung der noch immer viel zu hohen Inflation. Voraussichtlich wird es die letzte Erhöhung vor einer nun folgenden Pause sein, auch wenn dies nicht explizit so kommuniziert wurde. Allerdings bleiben die Zinshüter in jedem Fall wachsam. Auch die Europäische Zentralbank EZB hat die Leitzinsen wie ihre US-Kollegen um 0,25% angehoben. Allerdings zeichnet sich hier noch kein Ende der Zinserhöhungen ab. Einerseits wurde der Erhöhungszyklus später gestartet, andererseits tendiert die Inflation noch deutlich über dem US-Niveau. Insbesondere die Kernteuerung, ohne die volatilen Komponenten Nahrungsmittel und Energie, zeigt immer noch eine aufwärts gerichtete Dynamik. Dieses Mass wird von den Notenbanken gerne verwendet, um die Gefahr von Zweitrundeneffekten besser abschätzen zu können.

Performance April 2023 in % (dunkel eingefärbt YTD), Basis CHF

 

Aktienmärkte

Die Aktienmärkte haben den zwischenzeitlichen Bankenschock gut verdaut und sich rasch wieder erholt. Der Hauptfokus lag in den letzten Wochen auf der Berichterstattung zu den Unternehmensgewinnen im ersten Quartal. Die veröffentlichten Resultate haben mehrheitlich überzeugt, was in erster Linie mit der überraschend soliden Konjunkturentwicklung im bisherigen Jahresverlauf zu tun hat. Zudem gelingt es den Firmen nach wie vor, ihre historisch betrachtet hohen Margen zu halten, weshalb sie die höheren Inputkosten mehr als kompensieren können. Zu den Hauptgewinnern gehören die grossen Technologieunternehmen, welche die Erwartungen der Analysten grossenteils übertreffen konnten. Aufgrund ihrer hohen Indexgewichtung sind sie einer der Haupttreiber der guten Aktienmarktentwicklung im vergangenen Monat. Die IT-Unternehmen hatten im letzten Jahr besonders stark unter den gestiegenen Zinsen gelitten. Sie haben allerdings früh begonnen, die Kosten zu optimieren und im grossen Stil Personal abzubauen. Davon profitieren sie nun. Zurückhaltend oder gar nicht geäussert haben sich die Unternehmensführer zu der zukünftigen Entwicklung. Die vorherrschenden Untersicherheiten scheinen die Prognosefähigkeit aktuell stark einzuschränken.

Ab Mitte April ist die vorausgegangene Aufwärtsbewegung ins Stocken geraten. Daran Schuld ist vor allem die zunehmende Eintrübung der Konjunkturaussichten. Belastend wirkt auch die Erkenntnis, dass die Erwartungen der Analysten zunehmend nach unten korrigiert werden. Man spricht in diesem Zusammenhang von einer Gewinnrezession. Die Bewertung fällt damit noch höher aus und verstärkt die Korrekturanfälligkeit der Aktien. Wenn die Einnahmen nicht steigen, kann schliesslich ein realistischeres Bewertungsniveau nur über sinkende Preise erreicht werden.

Performance April 2023 in % (dunkel eingefärbt YTD), Basis CHF

 

Devisenmärkte

An den Devisenmärkten hat eine gewisse Beruhigung eingesetzt. Da sich die Zinsgipfel in den einzelnen Währungen immer mehr abzeichnen, scheinen die Spekulationen auf einzelne Währungspaare abzunehmen. Davon profitiert der Schweizer Franken. Die Erwartung eines letzten Zinsschrittes der Schweizerischen Nationalbank SNB im Juni sorgt für eine sinkende Renditedifferenz zu den meisten anderen Währungen. Dieser Umstand sowie die vorherrschenden Unsicherheiten erhöhen die Frankennachfrage risikoaverser Anleger. Spannend wird es für den US-Dollar gegen Mitte des Jahres werden. Die USA hat im Januar die Schuldenobergrenze erreicht und kann momentan ihre Zahlungen nur noch aus Notquellen begleichen. Der parteilich tief gespaltene Kongress muss die Limite nun so bald als möglich anheben, andernfalls droht im Sommer die Zahlungsunfähigkeit. Dieses Schauspiel wiederholt sich seit Jahrzehnten in regelmässigen Abständen und führt an den Finanzmärkten immer zu einer gewissen Nervosität. Darunter könnte in den kommenden Wochen der US-Dollar leiden.

Performance April 2023 in % (dunkel eingefärbt YTD), Basis CHF

 

Übrige Anlagekategorien

Abwechselnde Impulse auf der Angebots- und Nachfrageseite sorgen weiterhin für eine erhöhte Volatilität an den Rohstoffmärkten. Vor allem die Notierungen von Erdöl schwanken momentan auffällig stark. Die überraschende Drosselung durch das Kartell der OPEC+-Staaten hatte im März für steigende Notierungen gesorgt. Mittlerweile dominieren wieder die trüberen Konjunkturaussichten und damit verbunden die Erwartung einer nachlassenden Nachfrage. Wir gehen davon aus, dass diese abwechselnd wirkenden Kräfte noch einige Zeit die Preise für den wichtigsten Rohstoff in einem breiten Seitwärtsband hin und her schwanken lassen. 

Auf der Gewinnerseite steht weiterhin Gold. Einerseits profitiert das Edelmetall von der vorherrschenden Anlegernervosität, andererseits vom sich abzeichnenden Zinsgipfel und einer nach wie vor hohen Teuerungsrate. Zudem neigt der US-Dollar momentan eher zur Schwäche, was die Goldnachfrage ebenfalls positiv beeinflusst. Auch wenn das Aufwärtspotenzial abnimmt, erachten wir Gold als Rückversicherung gegen Extremrisiken – geopolitische Spannungen, Schuldendiskussion USA, US-Bankenkrise – weiterhin als attraktive Portfoliobeimischung.

Performance April 2023 in % (dunkel eingefärbt YTD), Basis CHF

 

Schlussfolgerung

Unter Berücksichtigung aller Faktoren bleiben wir unserer defensiven Ausrichtung treu. Wir sehen keine wesentliche Veränderung in der Entwicklung der hauptsächlichen Markttreiber. Die Inflationsraten bilden sich zwar zurück, allerdings nur langsam und nicht auf einer breiten Front. Davon zeugt die nach wie vor hohe Kernteuerung. Die Notenbanken bleiben deshalb in ihrer geldpolitischen Ausrichtung restriktiv, auch wenn sie die Zinsen nur noch moderat oder gar nicht mehr erhöhen. Und die Wirtschaft wird sich voraussichtlich aufgrund der gestiegenen Zinsen und der restriktiveren Kreditvergabebedingungen stärker abkühlen, als es die Märkte momentan abbilden. Dieser Umstand wiederum sorgt für Druck auf die Unternehmensgewinne und damit die Aktienpreise. Positiv gestimmt bleiben wir für Obligationen. Die Zinsen scheinen sich auf dem aktuellen Niveau einzupendeln, was für einen abnehmenden Preisdruck bei den Anleihen spricht. Aufgrund der zurückhaltenden Wachstumsoptik für die Wirtschaft bevorzugen wir allerdings weiterhin Anleihen mit guter Qualität.

 

 

Beschlüsse

Es wurde keine Änderung der taktischen Ausrichtung vorgenommen.

Taktische Ausrichtung

 

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