Aktuelle Marktübersicht
Marktumfeld
Steigende Rezessionsängste aus den USA, gemischte Unternehmensergebnisse der grossen US-Technologieunternehmen und eine erneute Eskalation der Nahost-Krise haben jüngst zu einer steigenden Risikoaversion bei den Anlegerinnen und Anlegern geführt. Für zusätzliche Verunsicherung sorgte die japanische Notenbank mit einer überraschenden Zinserhöhung. Als Folge dieser Ereignisse wurden vor allem an den Aktienmärkten die stolzen Gewinne der ersten Jahreshälfte vermehrt ins Trockene gebracht. Umgekehrt wurden sichere Häfen wie Staatsanleihen und der Schweizer Franken verstärkt nachgefragt. Mittlerweile hat sich das Marktgeschehen beruhigt und die Investorinnen und Investoren haben die tieferen Aktienkurse für Zukäufe genützt.
Obwohl sich die amerikanische Wirtschaft im zweiten Quartal positiv entwickelte, weisen die jüngsten Daten in der Wahrnehmung der Ökonomen auf ein erhöhtes Rezessionsrisiko hin. Insbesondere der Arbeitsmarkt signalisiert mit einer abnehmenden Anzahl neuer Stellen, dass die erhöhten Zinsen ihre bremsende Wirkung langsam in der Wirtschaft entfalten. Diverse Frühindikatoren zeigen in eine ähnliche Richtung. Wir erachten die Gefahr einer verstärkten Wachstumsabschwächung aber weiterhin als gering. Aus der heutigen Optik sollte der US-Wirtschaft die angepeilte sanfte Landung weiterhin gelingen.
Die Erholung der anderen grossen Wirtschaftsräume, Europa und China, hat einen Dämpfer erhalten. Die Einkaufsmanagerindizes, welche als zuverlässige Frühindikatoren gelten, fielen überraschend schwach aus und stellten den jüngsten Aufschwung bereits wieder in Frage. Einmal mehr ist es das verarbeitende Gewerbe, das nicht auf Touren kommt. Es bleiben in erster Linie die Dienstleister, welche die Gesamtwirtschaft am Laufen halten. Die Eurozone, und dort insbesondere Deutschland, spüren diese Entwicklung verstärkt. Im Fall von China ist es nach wie vor die fehlende staatliche Stimulierung, welche die zweitgrösste Volkswirtschaft lähmt. Zudem nehmen die handelspolitischen Barrieren wieder zu, was die Wachstumsaussichten zusätzlich dämpft.
Obligationenmärkte
Die Preise für festverzinsliche Papiere sind in den letzten Wochen spürbar gestiegen. Neben der erhöhten Nachfrage risikoaverser Investorinnen und Investoren sind tiefere Inflationserwartungen sowie die Hoffnung auf weitere geldpolitische Lockerungen dafür verantwortlich. Marktstrategen fürchten, dass die Zinshüter zu lange mit einer restriktiven Geldpolitik das Wirtschaftswachstum gebremst haben und nun eine Rezession auf globaler Ebene droht. Daraus folgern sie nun umso grössere Zinslockerungen in der nahen Zukunft.
Das dominierende Thema an den Zins- und Anleihemärkten bleibt somit die zukünftige geldpolitische Marschrichtung der wichtigsten Notenbanken. Auf Basis der veröffentlichten Inflations- und Wirtschaftsdaten versuchen die Marktstrategen den Zeitpunkt kommender Zinssenkungen zu prognostizieren. Im Fall der USA deuten sowohl die Abschwächung bei den Wirtschafts- wie auch den Arbeitsmarktdaten auf eine baldige Zinssenkung hin. Gemäss den Terminsätzen sowie den Aussagen von Fed-Chef Jerome Powell anlässlich des ordentlichen Juli-Meetings müsste es im September so weit sein.
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat an ihrem jüngsten Treffen erwartungsgemäss keine Veränderung der geldpolitischen Ausrichtung vorgenommen. Erneut hat sie betont, dass sie sich nicht auf einem vordefinierten Lockerungspfad befindet, sondern in Abhängigkeit zu den jeweiligen Daten von Meeting zu Meeting über die weitere geldpolitische Ausrichtung entscheiden wird. Auch in ihrem Fall gehen die Marktteilnehmenden frühestens im Herbst von einem zweiten Zinsschritt nach unten aus. Die Notenbanken der restlichen grossen Industriestaaten haben unterschiedlich gehandelt. Die Bank of Japan hat mit einer Erhöhung des Leitzinses auf die immer noch erhöhte Inflation reagiert. In Grossbritannien sowie Kanada wurde die Geldpolitik angesichts einer vorteilhaften Teuerungsentwicklung gelockert.
Performance Juli 2024 in % (YTD dunkle Farbe), Basis CHF
Aktienmärkte
Nimmt die Angst der Anlegerinnen und Anleger zu und werden als Folge davon die Portfoliorisiken reduziert, trifft es im Normalfall zuerst die Beteiligungspapiere. So auch geschehen im Zusammenhang mit den jüngsten Marktturbulenzen. Der US-Volatilitätsindex VIX, auch als Angstindikator bekannt, schnellte massiv in die Höhe. Vor allem bei den zuvor heiss gelaufenen Technologieunternehmen, den sogenannten glorreichen Sieben, wurden die aufgelaufenen Kurssteigerungen der ersten Jahreshälfte realisiert. Auch der defensive Schweizer Markt büsste deutlich an Wert ein. Der erstarkte Franken könnte zukünftig für sinkende Erträge bei den exportorientierten Unternehmen sorgen. Aus ähnlichen Gründen fiel der Kursrückgang an der japanischen Börse noch deutlicher aus. Dort hatte zuvor eine überraschende Zinsanhebung der japanischen Notenbank zu einer Yen-Aufwertung und umgekehrt massiven Aktienverkäufen geführt.
Die laufende Berichtssaison der Quartalsergebnisse rückte aufgrund der jüngsten Kursrücksetzer in den Hintergrund. Trotz soliden Ergebnissen sorgten vor allem die marktdominanten Technologieunternehmen aus den USA mehrheitlich für eine Enttäuschung. Sie hatten im bisherigen Jahresverlauf für eine äusserst erfreuliche Jahresperformance der US-Börse gesorgt. Die Erwartungen wurden stetig erhöht und waren fast unmöglich zu erfüllen. Nun nehmen die Zweifel zu, ob sich die hohen Ausgaben für das KI-Thema (künstliche Intelligenz) lohnen werden. Gleichzeitig sind die Gewinnausweise einzelner dieser Unternehmen unter den Analystenerwartungen ausgefallen. Ausserhalb der Indexschwergewichte konnte eine Mehrheit der Unternehmen bei der Ertrags- und Umsatzentwicklung überzeugen. Zurückhaltender waren die Gesellschaften allerdings, was die Prognosen für die zweite Jahreshälfte anbelangt.
Performance Juli 2024 in % (YTD dunkle Farbe), Basis CHF
Devisenmärkte
Der Schweizer Franken wurde einmal mehr seiner Rolle als sicherer Hafen gerecht. Die zunehmenden geopolitischen Spannungen sowie die geldpolitischen und wirtschaftlichen Unsicherheiten führten zu einer verstärkten Nachfrage nach sicheren Anlagen. Als Folge davon wertete sich unsere Heimwährung zu den wichtigsten anderen Währungen deutlich auf. Einzig der japanische Yen entwickelte sich noch besser. Auch dieser gilt als Hort der Sicherheit und profitierte zusätzlich von einer Straffung der Geldpolitik durch die japanische Notenbank. Sie hat bisher nur zögerlich auf die erhöhte Inflation reagiert und diesbezüglich Nachholbedarf. Der anhaltende Aufwertungsdruck auf dem Franken könnte die Schweizerische Nationalbank (SNB) im Herbst zu einem erneuten Zinsschritt veranlassen. Unabhängig davon sprechen die wirtschaftlichen wie auch die geopolitischen Unsicherheiten auch zukünftig für eine erhöhte Frankennachfrage. Zusätzlich wird mit der schwindenden Zinsdifferenz zum Ausland der Franken für ausländische Investorinnen und Investoren stetig attraktiver.
Einhergehend mit dem erstarkten Yen mussten viele Spekulantinnen und Spekulanten ihre offenen Zinswetten schliessen. Bei diesen sogenannten Carry-Trades verschulden sich Investorinnen und Investoren in Tiefzinswährungen und legen die Mittel in Regionen und Anlagen mit hohem Renditeversprechen an. Dabei setzen sie auf eine stabile Währungsentwicklung. Ist dies, wie aktuell beim Yen nicht mehr gegeben, müssen die Wetten geschlossen werden, was den Aufwärtsdruck weiter verstärkt. Unter geldpolitischem Einfluss stand auch das britische Pfund. Die erste Zinssenkung der Bank of England seit fast viereinhalb Jahren lastet momentan auf dem Sterling. Aufgrund des vorherrschenden Zinssenkungspotenzials könnte der Abwertungsdruck auf der britischen Währung noch einige Zeit andauern.
Performance Juli 2024 in % (YTD dunkle Farbe), Basis CHF
Übrige Anlagekategorien
Von einer gestiegenen Risikoaversion der Marktteilnehmenden profitierte auch der Goldpreis. Weil sich gleichzeitig die Chancen auf eine baldige Zinssenkung in den USA erhöht haben, resultierte beim gelben Metall sogar ein neuer Rekordwert. Tiefere Zinsen reduzieren die Opportunitätskosten beim ertragslosen Gold. Da zukünftig wieder vermehrt mit Goldkäufen grosser Notenbanken gerechnet wird. – China hatte zwischenzeitlich mit Zukäufen pausiert – könnte sich der positive Trend in naher Zukunft fortsetzen.
Zurückhaltender entwickelt sich der Preis für den wichtigsten Rohstoff Erdöl. Es zeichnen sich immer mehr grosse Überkapazitäten bei gleichzeitig sinkendem Verbrauch ab. Vor allem Produzenten ausserhalb des Erdölkartells OPEC+, namentlich die USA, Kanada und Brasilien, erhöhen stetig das Angebot. Umgekehrt ist insbesondere der Rohstoffhunger von China deutlich gesunken. Dies hat nicht nur mit der aktuellen Wachstumsschwäche zu tun, sondern auch mit der fortschreitenden Transformation der Wirtschaft in Richtung Dienstleistungsbereich. Einzig die jüngste Verschärfung der Situation im Nahen Osten hat zu einer Erhöhung der Risikoprämie und damit verbunden höheren Kursen geführt.
Performance Juli 2024 in % (YTD dunkle Farbe), Basis CHF
Schlussfolgerung
Es ist davon auszugehen, dass das Marktgeschehen weiterhin volatil bleiben wird. Dafür sprechen die diversen wirtschaftlichen, politischen und zinstechnischen Unsicherheitsfaktoren. Gelingt der US-Wirtschaft die angepeilte sanfte Landung? Erreicht die Krise im Nahen Osten eine weitere Eskalationsstufe? Wer macht das Rennen im US-Präsidentschaftswahlkampf? Wie verhalten sich die Notenbanken in naher Zukunft? Diese Themen sind nur eine Auswahl der offenen Fragen, welche uns kurz- und mittelfristig beschäftigen werden.
Fundamental betrachtet hat sich allerdings an der Ausgangslage wenig geändert Es wäre von daher falsch, dass eigene Portfolio nun völlig neu auszurichten. Es ist zwar davon auszugehen, dass der weitere Kursverlauf, insbesondere der Aktienmärkte, weniger einer Einbahnstrasse wie noch in der ersten Jahreshälfte gleicht. Die vorhandenen Risiken werden von den Investorinnen und Investoren wieder stärker berücksichtigt und führen vermehrt zu Kursschwankungen. Aber wer seinem langfristigen Anlageziel treu bleibt und eine breite Diversifikation des eigenen Portfolios verfolgt, ist auch für diese Marktphase solid aufgestellt.
Beschlüsse
Es wurden keine Änderungen der taktischen Ausrichtung vorgenommen.
Taktische Ausrichtung
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