Aktuelle Marktübersicht

Marktumfeld
Der «Zollhammer», den US-Präsident Donald Trump Anfang April präsentierte, beschäftigte die Marktteilnehmenden und damit die Börsen während der gesamten darauffolgenden Wochen. Zumindest wurden die damit verbundenen Kursverluste an den Aktienmärkten dank der mittlerweile aufgeschobenen Wirkung der Zölle fast vollständig aufgeholt. Offenbar wurde der Preisdruck, insbesondere auf US-Staatsanleihen, aufgrund der gestiegenen Investoren-Skepsis gegenüber den USA zu gross und zwang den Präsidenten zum Handeln.
Die jüngste Erholung an den Finanzmärkten darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass durch die Zolldrohungen ein gewisser Schaden unumkehrbar angerichtet wurde. Wirtschaftsteilnehmer, angefangen bei den privaten Konsumentinnen und Konsumenten bis hin zu Unternehmen, sind verunsichert und halten sich momentan mit Ausgaben zurück. Dieser Umstand dürfte den globalen Handel zumindest vorübergehend deutlich bremsen. Die aktuellen Stimmungsindikatoren untermauern diese Einschätzung, da sie sich vielerorts teils stark eingetrübt haben.
Zum ersten Mal seit der Corona-Pandemie im Jahr 2022 ist die US-Konjunktur im ersten Quartal geschrumpft. Das ist allerdings nicht direkt die Folge einer schwächeren Wirtschaftsleistung, denn diese zeigt sich aktuell trotz der Zollverunsicherung weiterhin solide. Hauptverantwortlich für das rückläufige Wachstum ist der Rekordanstieg bei den Importen. Viele Produzenten und Händler füllten im Vorfeld der Bekanntgabe der reziproken Zölle ihre Lagerbestände auf. Diese zusätzlichen Einfuhren werden bei der Berechnung des BIP-Wachstums als negativer Faktor berücksichtigt.
Drei Faktoren stimmen die Marktteilnehmenden derzeit optimistisch hinsichtlich einer Fortsetzung des Börsenaufschwungs:
- Die laufenden Diskussionen im Zusammenhang mit den ausgesetzten Zöllen. Eine erste Absichtserklärung mit dem Vereinigten Königreich sowie die jüngste Deeskalation im Handelsstreit mit China sorgen diesbezüglich für Zuversicht.
- Die Erwartung baldiger Zinssenkungen durch die US-Notenbank.
- Die Hoffnung auf eine Vermeidung einer Rezession in den USA.
Obligationenmärkte
Nach der heftigen Reaktion der US-Staatsanleihen auf die angekündigten Zölle hat sich das Geschehen an den Zins- und Obligationenmärkten mittlerweile wieder beruhigt. Allerdings ist, ausgehend von den USA, weiterhin eine gewisse Unsicherheit spürbar. Die Konjunktur- und Inflationsrisiken haben zugenommen, und der zukünftige Zinspfad des US-Fed ist unklarer denn je. In den übrigen Währungsräumen stehen die Zeichen mehrheitlich auf sinkende Teuerungsraten und eine weitere Lockerung der Geldpolitik. Wir erachten den Aufwärtsdruck auf die Zinsen daher als abnehmend, was sich stabilisierend auf die Obligationenpreise auswirkt.
Die US-Notenbank hält sich trotz der deflationären Wirkung günstiger Energiepreise sowie der harschen Kritik des US-Präsidenten mit einer Zinssenkung zurück. Dieses Zögern ist vor allem durch die Unsicherheiten im Zusammenhang mit der Zollpolitik bedingt. Sollten die importierten Güter aufgrund von Zollaufschlägen und einem schwächeren US-Dollar deutlich teurer werden, könnten sich die inflationären Tendenzen in Zukunft wieder verstärken. Zudem präsentieren sich sowohl die Realwirtschaft als auch der Arbeitsmarkt derzeit noch vergleichsweise robust und erfordern aktuell keine unmittelbare geldpolitische Unterstützung durch tiefere Zinsen.
In der Eurozone fallen die Inflationswerte weiterhin vorteilhaft aus. Marktstrategen rechnen daher im Falle der Europäischen Zentralbank (EZB) nach der Zinssenkung im April mit weiteren geldpolitischen Lockerungen in den kommenden Monaten. Die EZB kann so aktiv auf die wirtschaftlichen Unsicherheiten im Zusammenhang mit der US-Politik reagieren. In der Schweiz haben die deflationären Tendenzen, bedingt durch den starken Franken und die tiefen Ölpreise, zugenommen. Es wird erwartet, dass die Schweizerische Nationalbank (SNB) am 19. Juni die Zinsen ein weiteres Mal senken wird.
Performance April 2025 (YTD dunkel eingefärbt) in %, Basis CHF
Aktienmärkte
Eine erfreuliche Berichtssaison der Unternehmen sowie besser als befürchtet ausgefallene US-Konjunkturdaten haben geholfen, die durch das Zoll-Wirrwarr verursachten Kursverluste rasch zu reduzieren. Die präsentierten Gewinn- und Umsatzzahlen für das erste Quartal fielen mehrheitlich über den Erwartungen der Analysten aus. Allerdings sind es vor allem in den USA wenige Sektoren und Unternehmen, die ein überdurchschnittliches Wachstum aufweisen und dadurch den Durchschnitt nach oben verzerren. Deutlich abgestraft werden hingegen Firmen, die die Zielvorgaben der Analysten verfehlen.
Da die Zölle in diesem Zeitraum noch wenig Einfluss hatten, dürfen die guten Ergebnisse nicht über die bevorstehenden Herausforderungen hinwegtäuschen. Spätestens beim Ausblick wird deutlich, dass es angesichts der konjunkturellen und politischen Unsicherheiten an Planungssicherheit fehlt. Entweder verzichten die Unternehmen auf Aussagen zur zukünftigen Entwicklung oder sie korrigieren die in Aussicht gestellten Ertrags- und Umsatzzahlen vorsorglich nach unten.
Die weitere Entwicklung an den Aktienmärkten wird stark von den kommenden Verhandlungen zwischen den USA und ihren Handelspartnern sowie von den tatsächlich verbleibenden Zöllen abhängen. Eine anhaltende Verunsicherung und eine damit verbundene Störung der Handelsströme könnten Wachstumsschäden verursachen. Zusätzlich zum Angebotsschock wird auch die Nachfrageseite geschwächt. Beides würde sich in den kommenden Monaten negativ auf die Unternehmensergebnisse auswirken und die Analysten zu einer Anpassung ihrer Gewinnerwartungen zwingen.
Performance April 2025 (YTD dunkel eingefärbt) in %, Basis CHF
Devisenmärkte
In den letzten Wochen hat sich der US-Dollar insbesondere gegenüber dem Euro deutlich abgeschwächt. Devisenexperten stellen sich nun die Frage, ob es sich dabei um eine Euro-Stärke oder eine Dollar-Schwäche handelt. Letztlich ist es wohl eine Mischung aus beidem. Die kürzlich beschlossenen Fiskalausgaben für Rüstung und Infrastruktur haben in der Eurozone für eine gewisse Aufbruchstimmung gesorgt. Auch die laufenden Friedensbemühungen im Ukraine-Konflikt stützen die europäische Einheitswährung. Umgekehrt leidet der Greenback unter schwächeren Wachstumsaussichten der US-Wirtschaft sowie einem schwindenden Anlegervertrauen. Viele Investorinnen und Investtoren wenden sich infolge der jüngsten Ereignisse von den USA ab, was die Nachfrage nach der amerikanischen Währung deutlich reduziert.
Auch der Schweizer Franken hat sich gegenüber dem US-Dollar spürbar aufgewertet. Dieser Entwicklung entgegenzuwirken, ist aus Sicht der SNB nicht einfach. Die US-Handels- und Wirtschaftspolitik sorgt einerseits für einen schwachen US-Dollar, andererseits für eine verstärkte Flucht in sichere Häfen. Beides führt beim Franken zu einem anhaltenden Aufwertungsdruck. Das Zinssenkungspotenzial bis auf null hat die SNB nahezu ausgeschöpft. Interventionen am Devisenmarkt könnten von den USA rasch als Währungsmanipulation gewertet werden. Deshalb wird für die Schweiz in den kommenden Monaten wieder verstärkt mit Negativzinsen gerechnet. Die zunehmenden Deflationstendenzen stützen diese Einschätzung.
Performance April 2025 (YTD dunkel eingefärbt) in %, Basis CHF
Übrige Anlagekategorien
Der Ölpreis steht trotz der jüngsten Erholung weiterhin unter Druck. Hintergrund ist die Erhöhung der Förderquoten durch die Mitglieder des grössten Ölkartells OPEC+. Das zusätzliche Angebot trifft auf eine sinkende Nachfrage, da sich die wirtschaftlichen Aussichten eingetrübt haben. Warum dennoch mehr Öl gefördert wird, hat mehrere Gründe: Einerseits mangelt es einigen Mitgliedsstaaten an Disziplin – sie hielten sich bisher nicht an die vereinbarten Quoten. Andererseits sind die Einnahmen aus dem Ölverkauf für viele dieser Staaten entscheidend für die Finanzierung ihrer Haushalte. Sofern sich die Konjunkturaussichten nicht deutlich verbessern, ist weiterhin mit Preisdruck auf den wichtigsten Rohstoff zu rechnen.
Performance April 2025 (YTD dunkel eingefärbt) in %, Basis CHF
Schlussfolgerung
Wir trauen der jüngsten Erholung an den Aktienmärkten nicht so richtig. Zu stark basiert diese auf der Hoffnung, dass der Zustand vor der Zollankündigung wieder hergestellt wird und der wirtschaftliche Schaden minim ausfällt. Wenn uns allerdings die ersten 100 Tage der zweiten Amtszeit von Donald Trump eines gelehrt haben, dann ist es die Tatsache, dass die Unberechenbarkeit die einzige Konstante ist. Deshalb ist davon auszugehen, dass auch zukünftig nicht nur in der Zollfrage weitere Überraschungen auf die Marktteilnehmenden warten.
In der taktischen Ausrichtung der Anlagen gilt es deshalb weiterhin, eine ausgewogene Mischung aus stabilisierenden Elementen wie Obligationen oder Gold mit renditetreibendenden Bausteinen wie Aktien und Immobilien zu kombinieren. Auf ein bestimmtes Szenario zu hoffen und sich entsprechend zu positionieren, dafür fehlt definitiv die nötige Visibilität. Wir bleiben deshalb unserer insgesamt ausgewogenen, innerhalb der Anlagekategorien eher defensiv ausgerichteten Struktur treu.
Beschlüsse
Es wurden keine Änderungen der taktischen Ausrichtung vorgenommen.
Taktische Ausrichtung
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