Aktuelle Marktübersicht

Marktumfeld
Ein Mix aus soliden Unternehmensergebnissen, aufkommenden US-Zinssenkungsfantasien sowie der zuletzt gestiegenen Klarheit über die Höhe der US-Zölle hat in den vergangenen Wochen für gute Stimmung an den internationalen Börsen gesorgt. Erstaunlich ist, wie gelassen insbesondere die Aktienmärkte bislang auf die protektionistische Handelspolitik der USA reagiert haben. Seit dem Kursrücksetzer am sogenannten «Liberation Day» Anfang April haben sich die meisten Börsen deutlich erholt und bewegen sich inzwischen auf Rekordniveau. Und das, obwohl sich die Rahmenbedingungen für den globalen Handel verschlechtert haben.
Denn der weltweite Warenaustausch wird insgesamt eingeschränkt und verteuert. Lieferketten und Absatzmärkte müssen teilweise neu ausgerichtet werden. An den Finanzmärkten überwiegt jedoch die Erleichterung, dass ein drohender Handelskrieg vorerst abgewendet werden konnte. Noch offen ist der Zollstreit mit China, dessen Frist erneut um 90 Tage bis November verlängert wurde. Nach Einschätzung vieler Marktstrategen können die meisten Unternehmen mit den höheren Zöllen umgehen, weshalb kurzfristig keine globale Rezession erwartet wird.
In den USA haben die Wachstumsrisiken durch die erratische Zollpolitik zugenommen. Der Arbeitsmarkt zeigt erste Schwächesignale, und in der zweiten Jahreshälfte könnte eine zunehmende Konsum- und Investitionszurückhaltung die Dynamik spürbar bremsen. Steigende Güterpreise infolge der neuen Zölle wirken zusätzlich belastend. Zwar rechnen wir derzeit nicht mit einer Rezession, doch das Risiko einer Stagflation – stagnierendes Wachstum bei gleichzeitig steigender Inflation – hat merklich zugenommen.
Auch in Europa verlief das erste Halbjahr besser als befürchtet: Statt einer Stagnation konnte die Wirtschaft leicht zulegen. Angesichts der Unsicherheit rund um die US-Zollpolitik ist das keine Selbstverständlichkeit. Besonders Deutschland könnte nach fast dreieinhalb Jahren wirtschaftlicher Flaute wieder auf Wachstumskurs kommen. Unterstützend wirken neue politische Impulse, ein umfangreiches Investitionsprogramm in Rüstung und Infrastruktur, die vorteilhafte Inflationsentwicklung sowie günstigere Finanzierungsbedingungen. Die jüngste Zollvereinbarung könnte zudem für mehr Planungssicherheit in den Unternehmen sorgen. Belastend bleiben jedoch der im Vergleich zum US-Dollar starke Euro und die schwache Nachfrage aus China.
Obligationenmärkte
Die Preisentwicklung an den Obligationenmärkten bleibt ungewohnt volatil. Angesichts der zahlreichen Einflussfaktoren, von weltweit steigenden Staatsschulden und einer heterogenen Geldpolitik bis hin zu erhöhten US-Inflations- und Wachstumsrisiken, überrascht dies kaum. Hinzu kommt die unberechenbare Aussenpolitik der USA, die die Ausgangslage fortlaufend verändert. Unter diesen Bedingungen kann sich kein einheitlicher Trend etablieren. Entsprechend sind nicht nur die Zinsschwankungen hoch, sondern auch die regionalen Entwicklungen sehr unterschiedlich.
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat an ihrem jüngsten Zinsentscheid erwartungsgemäss keine Änderung des Leitzinses vorgenommen. Nach acht aufeinanderfolgenden Senkungen legt sie damit eine Pause ein. Der massgebende Einlagensatz liegt laut EZB nahe dem sogenannten neutralen Niveau, an dem er weder stimulierend noch bremsend auf die Wirtschaft wirkt. Damit folgt die EZB dem Kurs der US-Notenbank Fed, die bereits Ende Juli ihre Geldpolitik unverändert beibehalten hat.
In den USA dauert die Zinspause allerdings bereits seit Dezember an, und der Leitzins verharrt klar im restriktiven Bereich. Das zinsbestimmende Gremium gewichtet die Inflationsrisiken, vor allem im Zusammenhang mit der erratischen US-Wirtschafts- und Zollpolitik, bislang höher als eine mögliche Abschwächung von Konjunktur und Arbeitsmarkt. Angesichts zunehmend schwächerer Wirtschaftsdaten steigt jedoch die Wahrscheinlichkeit, dass sich dies beim nächsten Meeting im September ändern könnte. Vorausgesetzt, ein möglicher Inflationsschub infolge höherer Importpreise wird als temporär eingestuft.
Performance Juli 2025 (YTD dunkel eingefärbt) in %, Basis CHF
Aktienmärkte
Die Aktienmärkte haben ihren Aufwärtstrend trotz widriger Rahmenbedingungen fortgesetzt. Schwächere Tage werden weiterhin konsequent für Zukäufe genutzt, sodass Kursrückschläge rasch wieder aufgeholt werden. Seit dem «Liberation Day» Anfang April hält die Rekordjagd somit an.
In den vergangenen Wochen richtete sich der Fokus der Anlegerinnen und Anleger vor allem auf die Berichtssaison der Unternehmen. Die hohen Bewertungen setzen ein anhaltend solides Gewinnwachstum voraus. Allerdings hatten Analysten ihre Erwartungen im Vorfeld deutlich nach unten korrigiert, was die Hürde für positive Überraschungen entsprechend gesenkt hat. Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, dass in den USA über 80% der bisherigen Unternehmensresultate die Erwartungen übertrafen. In Europa liegt dieser Wert mit 60% deutlich tiefer. Damit hat der US-Aktienmarkt seine Vormachtstellung erneut eindrucksvoll unterstrichen.
Die Gewinnentwicklung in den USA hängt jedoch weiterhin stark von den grossen Technologiewerten ab. Innerhalb der sogenannten «glorreichen Sieben» zeigt sich zwar eine zunehmende Differenzierung: Während Microsoft und Nvidia vom anhaltenden KI-Boom profitieren, gerät Tesla zunehmend unter Druck. Auch der Währungseffekt spielt derzeit eine zentrale Rolle. Der US-Dollar hat sich gegenüber dem Euro seit Jahresbeginn um mehr als 10% abgewertet, was die Erträge der US-Exporteure stützt. Umgekehrt belastet der starke Euro europäische Unternehmen mit hohem Auslandsumsatz.
Performance Juli 2025 (YTD dunkel eingefärbt) in %, Basis CHF
Devisenmärkte
Der Schweizer Franken dürfte trotz der negativen Wachstumseinflüsse der US-Zölle auf die heimische Wirtschaft stark bleiben. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass geopolitische Faktoren einen deutlich grösseren Einfluss auf die Währungsentwicklung haben als rein wirtschaftliche. Das hat vor allem mit der Rolle des Frankens als sicherer Hafen zu tun. Zudem wird die Schweizerische Nationalbank (SNB) ihre Leitzinsen mittelfristig wohl stabil bei 0 % belassen, während insbesondere die US-Notenbank über erhebliches Senkungspotenzial verfügt. Eine sinkende Renditedifferenz dürfte die Attraktivität des Frankens erneut erhöhen.
Die seit Jahresbeginn anhaltende Schwäche des US-Dollars wurde im vergangenen Monat zumindest vorübergehend gestoppt. Neben einer technisch überverkauften Marktlage waren es vor allem die anhaltend hohen US-Zinsen, die renditeorientierte Investorinnen und Investoren zu verstärkten Käufen veranlassten. Zusätzlich hat der amerikanische Aktienmarkt erneut Kapital angezogen, was die Nachfrage nach der US-Währung stützte. Sollte die US-Notenbank im September den pausierten Zinssenkungszyklus tatsächlich wieder aufnehmen, dürfte der Abwertungsdruck auf den US-Dollar erneut zunehmen. Umgekehrt könnte der Euro vom bevorstehenden Ende der geldpolitischen Lockerung profitieren.
Performance Juli 2025 (YTD dunkel eingefärbt) in %, Basis CHF
Übrige Anlagekategorien
Selbst der Rohstoffmarkt bleibt von der US-Zollpolitik nicht unberührt. Einzelne Rohwaren wie Kupfer, Stahl und Aluminium wurden mit eigenen Zöllen belegt, was an den Rohstoffbörsen zu starken Kursschwankungen führte. Kupfer beispielsweise stieg zunächst deutlich an, um nach der teilweisen Aufhebung der Zölle fast ein Viertel seines Wertes wieder zu verlieren. Momentan werden die Notierungen also weniger von fundamentalen Faktoren als von politischen Entscheidungen getrieben. Ähnliches gilt für Erdöl, dessen Preis jüngst stark durch Sanktionsandrohungen gegen Russland beeinflusst wurde.
Performance Juli 2025 (YTD dunkel eingefärbt) in %, Basis CHF
Schlussfolgerung
Da die Unsicherheiten rund um die US-Zölle zunehmend zurückgegangen sind, werden sich die Marktteilnehmenden voraussichtlich wieder stärker auf die wirtschaftliche Entwicklung konzentrieren. Entscheidend wird sein, wie die Unternehmen mit den höheren Einfuhrgebühren umgehen und welchen Einfluss dies auf das Gewinnwachstum und damit auf die Konjunktur hat. Dabei kommt es darauf an, ob die Mehrkosten zulasten der Marge gehen oder über Preiserhöhungen an die Kunden weitergeben werden.
Aus Schweizer Perspektive bleibt unklar, wie stark die US-Zölle die Exporte belasten und ob sich mögliche Preissenkungen negativ auf die Pharmaindustrie auswirken. Angesichts dieser unvorteilhaften Rahmenbedingungen reduzieren wir die Quote der Schweizer Aktien. Ein Teil der freigewordenen Mittel wird im europäischen Markt reinvestiert, insgesamt bleiben wir jedoch vorsichtig und untergewichten Beteiligungspapiere, bis sich die Auswirkungen auf die Unternehmensgewinne und die Konjunktur klarer zeigen.
Beschlüsse
Es wurden folgende Änderungen der taktischen Ausrichtung vorgenommen:
Aktien gesamt neu auf leicht untergewichtet:
- Abbau Aktien Schweiz auf neu neutral
- Aufbau Aktien Europa auf neu übergewichtet
Taktische Ausrichtung
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