08. März 2022 | Marktberichte

Portfolio Management Info

Aktuelle Anlagepolitik vom 08.03.2022
Portfolio Management Info
Anlagepolitik-Ausschuss

Es wurden keine Änderungen der taktischen Ausrichtung beschlossen.

Aktuelle Anlagestrategie

 
Marktübersicht

Die Finanzmärkte stehen seit Tagen im Bann des Krieges in der Ukraine. Angesichts der Bilder über Leid, Zerstörung und Flucht, welche uns aus dem Kriegsgebiet erreichen, fällt es nicht leicht über die Auswirkungen der dortigen Vorkommnisse auf die Finanzmärkte zu schreiben. Und doch ist es unsere Aufgabe als professioneller Anleger, die aktuelle geopolitische Lage bezogen auf Wirtschaft und Börse richtig einzuordnen. Die Reaktion der Finanzmärkte auf die russische Invasion sowie die verhängten Sanktionen der westlichen Welt ist massiv ausgefallen. Vor allem Risikoanlagen wie Aktien verloren deutlich an Wert. Dagegen konnten die klassischen sicheren Häfen wie Gold, erstklassige Anleihen sowie die Stabilitätswährungen Franken, Dollar und Yen im Preis zulegen. Zudem verteuerten sich verschiedene Rohwaren, welche aus der Krisenregion importiert werden. Russland und die Ukraine gehören bei diversen Basisgütern aus dem Energie-, Metall- und Agrarbereich zu den ganz grossen Exporteuren. Die coronabedingt bereits angespannte Versorgungslage wird durch Sanktionen und Lieferunterbrüche zusätzlich verschärft. Regional betrachtet haben vor allem die europäischen Märkte aufgrund der geographischen Nähe sowie der grösseren Abhängigkeit von Rohstoffimporten aus der betroffenen Region besonders negativ auf die jüngsten Ereignisse reagiert.

Der erhoffte Rückgang der hohen Inflationsraten wird sich aufgrund der erneut gestiegenen Rohstoffpreise verzögern. Gleichzeitig kommen die Notenbanken in Teufels Küche. Einerseits müssen sie die Straffung der Geldpolitik vorantreiben um die Preisstabilität wieder herzustellen. Andererseits riskieren sie mit einer zu restriktiven Gangart ein Abwürgen des wirtschaftlichen Erholungsprozesses. Und das just in dem Moment, wo die pandemiebedingten Einschränkungen flächendeckend aufgehoben werden und die konjunkturelle Wachstumsdynamik wieder zunimmt. Im schlimmsten Fall droht eine Stagflation, deutlich überhöhte Inflationswerte bei gleichzeitig unterdurchschnittlichem Wirtschaftswachstum. Vor allem Europa ist aufgrund der starken Abhängigkeit vom Aussenhandel von diesem Risiko betroffen.

Wirtschaftlich betrachtet sind die beiden Kriegsparteien Russland und die Ukraine Leichtgewichte und machen knapp 2% der globalen Wirtschaftsleistung aus. Die Welt wird von daher die negativen Auswirkungen des Konflikts vor allem indirekt in Form stark gestiegener Rohwarenpreise spüren. Zudem haben viele Unternehmen ihre Geschäftstätigkeit in der Krisenregion gestoppt und folgen damit freiwillig den westlichen Sanktionen. Im Einzelfall kann deshalb das Gewinnwachstum betroffener Unternehmen vorübergehend leiden. Auf der anderen Seite könnten zukünftig die Staatsausgaben für Rüstung (als Antwort auf die veränderte Sicherheitslage), den Aufbau neuer Lieferketten und den Ausbau der grünen Energie als Alternative zu den russischen Rohstoffen zunehmen. Trotz insgesamt leicht tieferen Wachstumsprognosen droht unseres Erachtens keine globale Rezession. Dazu wirken die Ereignisse zu isoliert. Vorausgesetzt, die Konsumlust der Bevölkerung sowie die Investitionsabsichten der Unternehmen leiden nicht übermässig unter den gestiegenen Energiepreisen und den angepassten Konjunkturaussichten.

 
Obligationenmärkte

Obwohl die Obligationenmärkte seit längerer Zeit dem Gegenwind steigender Zinsen ausgesetzt sind, haben sie nach der Eskalation in der Ukraine einmal mehr ihre Funktion als sicherer Hafen unterstrichen. Die steigende Risikoaversion der Anleger hat zu einer vermehrten Nachfrage nach erstklassigen Schuldnern und zu höheren Preisen entsprechender Anleihen geführt. Momentan lassen sich aus dem Verlauf der Zinskurven zwei unterschiedliche Erwartungshaltungen herauslesen. Das kurze Ende wird geprägt von der Einschätzung, dass die Notenbanken rasch und deutlich die Zinsen erhöhen werden. Längere Laufzeiten sind weniger stark gestiegen und bilden ein schwächeres Wirtschaftswachstum ab. Unseres Erachtens fällt die Zinsdifferenz momentan zu gering aus. Vor allem die eingepreisten Rezessionsängste am langen Ende scheinen uns übertrieben. Es ist davon auszugehen, dass die Zinskurve mittelfristig durch den Renditeanstieg längerer Laufzeiten wieder steiler wird.

Der höchste Inflationswert seit über 40 Jahren zwingt die US-Notenbank nun zum Handeln. Neben der wirtschaftlichen Notwendigkeit wird auch der politische Druck immer grösser etwas gegen die steigenden Konsumentenpreise zu unternehmen. Trotz robuster Wirtschaftslage, höherer Löhne und während der Coronakrise gewachsener Sparguthaben wird der Alltag in den USA teurer und teurer. Die positive Konsumstimmung und damit der wichtigste Wachstumspfeiler der Wirtschaft ist gefährdet. Zudem droht eine gefährliche Lohn-Preis-Spirale, welche einen weiteren Inflationsanstieg selbst nähren würde. Allerdings wird in diesem Zusammenhang gerne vergessen, dass die gestiegenen Preise für Güter und Dienstleistung vor allem das Resultat eines Angebotsschocks sind, welcher durch die jüngsten Ereignisse in der Ukraine zusätzlichen Auftrieb erhalten hat. Bereits zuvor sorgten gestörte Lieferketten, hohe Energiepreise und ein angespannter Arbeitsmarkt für einen positiven Inflationsdruck. Gegen Teuerungseinflüsse dieser Art kann die Notenbank nur begrenzt ankämpfen, insbesondere wenn sie nicht Gefahr laufen will, das Wirtschaftswachstum übermässig abzuwürgen. Und trotzdem gehen die Marktteilnehmer immer noch von bis zu sieben Zinsschritten des US-Fed in diesem Jahr aus. Obwohl sich die Situation in den USA nicht 1:1 auf andere Regionen übertragen lässt, ist die Signalwirkung kommender US-Zinsentscheide nicht zu unterschätzen. Betrachtet man die Franken-Renditen, sind diese seit Mitte Dezember trotz im internationalen Vergleich bescheidener Inflationsraten ebenfalls deutlich gestiegen.

Performance Februar 2022 (YTD in dunkler Farbe) in %, Basis CHF

 

Aktienmärkte

Die Aktienmärkte sind als Risikoanlagen besonders stark von den aktuellen Marktverwerfungen betroffen. Die steigende Risikoaversion der Anleger hat zu einem Ausverkauf an den internationalen Börsen geführt. Viele Märkte stehen am Rande eines Bärmarktes - davon spricht man in Anlegerkreisen wenn die jeweilige Börse seit dem Höchst 20% oder mehr eingebüsst hat. Vor allem europäische Titel sind aus naheliegenden Gründen davon betroffen.

Die Tagesschwankungen sind sehr gross und richten sich in erster Linie nach dem Nachrichtenfluss aus der Ukraine. Bereits vor dem Einmarsch russischer Truppen wehte den Beteligungspapieren eine steife Brise aus Zins- und Inflationsängsten entgegen. Mit der von den Notenbanken in Aussicht gestellten Straffung der Geldpolitik wird den Aktienmärkten zudem einer der wichtigsten Treiber der vergangenen 14 Jahre entzogen. Zudem spürt die Wirtschaft und damit die Unternehmen noch die Nachwehen der Omikron-Virusvariante. Als positives Zeichen lässt sich die mittlerweile deutlich tiefere Bewertung beurteilen. Die aktuellen Kurse bilden bezüglich geldpolitischer Wende und geopolitischer Risiken viel ab. Damit eröffnet sich zunehmend auch die Chance einer positiven Überraschung. Zudem sind die Risikoprämien, welche Aktien offerieren, deutlich attraktiver als zum Beispiel bei den Obligationen.

Performance Februar 2022 (YTD in dunkler Farbe) in %, Basis CHF

 

Devisenmärkte

Im aktuellen von viel Unsicherheit geprägten Marktumfeld profitiert der Schweizer Franken einmal mehr von seiner Rolle als sicherer Hafen. Vor allem gegenüber dem Euro ist die Aufwertung sehr ausgeprägt und hat zwischenzeitlich die Parität erreicht. Weil sich neben dem Franken auch der US-Dollar sowie der japanische Yen äusserst robust entwickeln, muss einmal mehr von einer Euroschwäche gesprochen werden. Aufgrund der geographischen Nähe zum Konfliktgebiet sowie der Abhängigkeit von russischem Gas und Öl trifft der Ukrainekrieg die europäische Wirtschaft besonders stark. Zudem sind die Zinserwartungen im europäischen Währungsraum deutlich zurückgekommen. Die Europäische Zentralbank EZB wird voraussichtlich aufgrund der jüngsten Entwicklung vorderhand keine deutliche Abkehr von der äusserst expansiven Geldpolitik vornehmen. 

Der US-Dollar hingegen profitiert von einer starken einheimischen Anlegerbasis, welche aufgrund der jüngsten Entwicklung stärker im Heimmarkt Mittel anlegt. Zudem lockt mit den von der US-Fed in Aussicht gestellten Zinserhöhung eine attraktivere Rendite. Die klassischen Rohstoffwährungen wie der kanadische und insbesondere der australische Dollar profitieren von den stark steigenden Rohstoffpreisen. Die Schweizerische Nationalbank SNB verhält sich weiterhin passiv und stemmt sich nicht offensichtlich gegen die Euroabwertung. Das hat einerseits mit dem inflationsdämpfenden Effekt eines starken Frankens zu tun. Andererseits mit der gesamtheitlichen Betrachtung aller Währungen, innerhalb welcher sich die Frankenstärker relativiert. Zudem ist die reale Aufwertung aufgrund der grossen Inflationsunterschiede zugunsten des Frankens sehr bescheiden.

Performance Februar 2022 (YTD in dunkler Farbe) in %, Basis CHF

 

Übrige Anlagekategorien

Die Preise für verschiedene Rohwaren gehen momentan aufgrund des Ukrainekonflikts durch die Decke. Der Ölpreis ist auf dem höchsten Stand seit 2008. Russische Öl- und Gaslieferungen könnten als geopolitische Waffe eingesetzt werden. Bisher fallen sie noch nicht flächendeckend unter die westlichen Sanktionen (Ausnahme USA und teilweise UK). Umgekehrt hat der Kreml mit einem Lieferungsstopp gedroht. Beides könnte insbesondere für die europäische Wirtschaft drastische Folgen haben. Die zwischenzeitlich erfolgte Freigabe von strategischen Ölreserven bleibt in der Wirkung auf den Preis sehr bescheiden. Helfen könnte eine baldige Wiederbelebung des Atomabkommens mit dem Iran und den damit verbundenen Öllieferungen aus dieser Region. Neben den höheren Preisen für Öl und Gas sind es vor allem einzelne Metalle für die industrielle Verarbeitung (Aluminium, Silber, Nickel, Palladium) sowie Agrargüter (Weizen, Mais), welche sich stark verteuert haben. Ein positiver Lichtblick stellt in den letzten Wochen die Entwicklung des Goldpreises dar. Beflügelt von stark gesunkenen Realzinsen und einem gestiegenem Sicherheitsbedürfnis der Anleger hat das gelbe Metall preislich spürbar zugelegt. Zudem scheint die anhaltend hohe Inflation in Verbindung mit stark gesunkenen Realzinsen die Nachfrage zusätzlich anzukurbeln. Schliesslich bleibt Gold ein guter Schutz vor einem untererwarteten Teuerungsanstieg. 

Performance Februar 2022 (YTD in dunkler Farbe) in %, Basis CHF

 

Schlussfolgerung

Die undurchsichtige Situation in der Ukraine schränkt die bereits zuvor anspruchsvolle Prognosefähigkeit zusätzlich ein. Sich einseitig auf eine Verschärfung oder Entspannung der Krise zu positionieren ist unseres Erachtens der falsche Weg. Eine breite Streuung der Anlagen ist in einem derart volatilen Marktumfeld mit rasch ändernden Tageskursen ist die beste Wahl. Wir halten insgesamt an unserer leicht defensiveren Ausrichtung mit einem Untergewicht bei den Aktien fest. Die stark gestiegenen Preise bei den Rohstoffen sowie beim Gold nützen wir für Gewinnmitnahmen. Die stark gewachsene Gewichtung wird durch einen Teilverkauf wieder an ihren Sollwert angepasst. Punktuell prüfen wir an schwächeren Tagen einen Zukauf bei den Aktien, deren Quote mittlerweile deutlich unter der taktischen Vorgabe liegt. Gerade in Phasen von Kursübertreibungen in beiden Richtungen kann sich ein antizyklisches Verhalten für langfristig orientierte Anleger auszahlen.

 

 

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